Liebe Katzenfreunde und Rotbartfans,
lange habe ich überlegt, ob ich tatsächlich darauf hinweisen soll, dass ein Teil der Überschüsse (nicht nur) aus diesem Buchprojekt in der einen oder anderen Form – also als konkrete Aktivität oder Spende – in den Tierschutz einfließt. Das könnte allzusehr nach Mißbrauch des Tierschutzgedankens für Eigenwerbung klingen. Andererseits ist es natürlich eine Tatsache, die zu verschweigen mir dann doch ein wenig zu selbstlos erschien 😉 .
Natürlich ist die Rotbartsaga kein Tierschutzprojekt und die gelegentlich gerne herausgeholte möglicherweise verkaufsfördernde Moralinkeule „wer meine Bücher kauft oder dieses oder jenes meiner Projekte unterstützt, tut etwas für den Tierschutz“ ist bei mir völlig fehl am Platze. Tatsache ist: Wer meine Bücher kauft und das Projekt unterstützt, unterstützt mich, damit ich eben diese Bücher für meine begeisterte Leserschaft schreiben und publizieren kann. Nicht mehr und nicht weniger. Und wer meine Bücher und Projekte doof oder für sich zumindest uninteressant findet, sollte da auch keinen einzigen Cent verschwenden, weder bei meinen Sponsoringaktionen noch durch den Kauf meiner Bücher, nur, weil ein Teil des Erlöses in irgendeiner Form an den Tierschutz geht. Wer sein Geld für Tierschutz einsetzen möchte, kann dies dann wirklich effektiver haben. Wer allerdings Spaß an meinem Projekt hat, meine Bücher mag und sich deshalb freut, wenn er mich unterstützen kann (und dafür ja auch einen ansehnlichen Gegenwert erhält), der tut so ganz nebenbei tatsächlich auch ein ganz klein wenig für die Schutz- und Hilfebedürftigen Vierbeiner. Das zu erwähnen, erscheint mir dann doch nicht ganz falsch, zumal ich durchaus für Kooperationen vor allem mit Katzenschutzeinrichtungen zu beiderseitigem Nutzen zu haben bin.
Ich selbst engagiere mich übrigens in der einen oder anderen Form vor allem für die Belange der Ataxiekatzen und bin stolz darauf, Ehrenmitglied bei Feline Senses – Lebensfreude für Katzen mit Ataxie e.V. zu sein. Und tatsächlich wird auch ein Teil des Erlöses aus der einen oder anderen Sponsoraktion für die Rotbartsaga an diesen Verein gehen. Warum ich mich übrigens ausgerechnet für die Wackelkatzen einsetze, könnt ihr der folgenden Geschichte entnehmen. Vielleicht ist dieses Erlebnis ja auch der Grund, weshalb mein legendärer Rotbart auf seinen letzten Reisen zum „behinderten“ Hochleistungsschiffskater geworden ist. Tierschutz, das wird vielleicht an dieser Geschichte deutlich, ist für mich immer auch etwas Persönliches. Dass auf gesellschaftlicher Ebene auch Werbung im Sinne von Lobbyarbeit für die Tiere dazu gehört, versteht sich von selbst. Tierschutz als Absatzwerbung ist mein Ding allerdings nicht.
Die Katzen der besonderen Art – die erste Begegnung
Es muss im Sommer 2003 gewesen sein. Damals arbeitete ich noch nebenbei auf einem nordhessischen Reiterhof als, sagen wir mal Mädchen für alles. Konkret bedeutete das: Pferde füttern, Stall und Paddock saubermachen, Modellierkurse für Ferienkinder durchführen und nicht zuletzt das Heu- und Strohballenlager organisieren. Und wenn es gar nicht anders ging, dann musste ich auch schon mal zum Bauern fahren und beim Aufladen von Heu- und Strohballen helfen, damit das rechtzeitig zum Füttern auf dem Hof angeliefert werden konnte. Im besagten Sommer 2003 war es mal wieder so weit. Glücklicherweise waren gerade Reiterferien und so konnte ich mir ein paar Mädchen schnappen und zum Aufladen freiwillig „zwangsverpflichten“.
Natürlich hatten die Kinder Spaß an der Aktion und so konnte ich mich, auf dem Bauernhof angekommen, ein wenig ausruhen, während sie unter Aufsicht des Bauern auf dem Anhänger und im Heuschober herumkrabbelten und die Heuballen stapelten. Und als ich so gemütlich vor mich hinsaß, da hörte ich aus dem Stall ein heiseres aber lautstarkes Krächzen, und aus dem Schlagschatten löste sich ein kleines, irgendwie beigebraunfarbiges Ding und steuerte mich fröhlich kreischend an. Und auch, wenn dieses heisere Etwas immer wieder umfiel, und ständig aus dem Ruder lief, sein Ziel war klar. Inzwischen hatten auch die Kinder dieses merkwürdige, torkelnde Wesen bemerkt und während die einen darüber lachten schrien die anderen entsetzt vom Heuwagen: „fass das bloß nicht an, wer weiß, was es hat, guck dir doch mal das Fell an, es hat bestimmt Tollwut und Räude.“
Und wirklich, die kleine Katze, die mir da entgegentorkelte schien nur noch aus Haut und Knochen zu bestehen, das Fell sah aus wie ein abgewetzter Bettvorleger, Das kleine Gesichtchen, aus dem mich nur noch ein Auge anblitzte, wirkte irgendwie schief. Keine Frage, das Kätzchen war nicht, wie ursprünglich angenommen besoffen, sondern offensichtlich richtig kaputt, vielleicht hatte es sogar eine schwere, ansteckende Krankheit.
Nur keine Panik, dachte ich mir, denn irgendetwas passte da nicht zusammen. Das Kreischen der Katze hatte nichts von Schmerz, Angst oder Aggression und auch die Bewegungen waren trotz aller Torkelei, trotz immer wieder Umfallens, entschlossen und kräftig. Das kleine, zerschossene Ding wirkte richtig fröhlich und spätestens, als es mich schließlich laut schnurrend erreicht hatte, um sein schiefes Köpfchen zur Begrüßung gegen mein Knie zu rammen – das es allerdings verfehlte -, da wusste ich, die kleine Katze kann gar nicht krank sein. Im Gegenteil, sie war so unglaublich gut gelaunt, trotz ihrer Behinderung, ihrer Unfähigkeit, auch nur zwei Meter ohne umzufallen zurückzulegen, trotz ihrer offensichtlich beschädigten Stimmbänder und der noch ziemlich frischen Narbe, die statt des einen Auges ihr Gesichtchen verunstaltete. Und als das kleine Wesen immer und immer wieder genüsslich sein schiefes Köpfchen in meine ausgestreckte Hand rammte und kuschelte, da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die Katze war kerngesund ja, in Wirklichkeit war sie nicht einmal behindert, denn sie konnte alles, was eine Katze können muss, um zufrieden zu sein. Was machte es schon für einen Unterschied, ob sie ihr Ziel auf direktem Wege oder im Zickzackkurs erreichte, ob sie zwischendurch umfiel und wieder aufstehen musste.
Sicher, sie würde keine Mäuse oder Vögel fangen können. Na und, aber das größte Katzenvergnügen, nämlich belauern und bejagen, beobachten und spielen – das das ich ihr förmlich an -, das ließ sie sich nicht nehmen.
„Die ist unter den Trecker gekommen“, erklärte mir der Bauer, der unbemerkt hinzugekommen war, „da sind ein paar Nerven gequetscht, im Rücken und im Kopf. Deshalb torkelt die so. Aber sonst ist sie wieder ganz gesund. Das Fell wird auch wieder nachwachsen, hat der Tierarzt gesagt.“
Diese Begegnung mit der kleinen Katze habe und werde ich nie vergessen. Und als ich – eher durch Zufall – in einem Internetforum von Ataxiekatzen gehört habe, da war die Erinnerung an das eindrucksvolle Wesen vom Bauernhof sofort wieder präsent und Anlass genug, mich mit dem Phänomen Ataxie näher zu befassen und auch als Journalist darüber aufzuklären. Denn ich hatte bei meinen Recherchen schnell herausgefunden, dass viele dieser einzigartigen charakterstarken und im Grunde meist kerngesunden Katzentiere aufgrund von Unwissenheit von Tierärzten aber auch Überforderung von Tierheimen nicht einmal den Hauch einer Chance bekommen, ihre Lebensfreude- und Lebensfähigkeit unter Beweis zu stellen. Dabei, das hatte mir die kleine Katze vom Bauernhof gezeigt, bedarf es oft nur einer einzigen, beinahe flüchtigen Begegnung.
Leider hatte ich nie Gelegenheit, die fröhliche Samtpfote wiederzusehen. Aber ich durfte – zumindest über das Internet – die liebenswürdige Sari kennenlernen, bei der es ebenfalls nur eines Augenblicks bedurfte, um mich von der Mitarbeit bei Feline Senses zu überzeugen.
Eine wirklich anrührende Geschichte!